Nachhaltigkeit und Ethik spielen bei der Evangelischen Bank eine große Rolle. Im Interview spricht Berenike Wiener, Direktorin Strategie und Head of Corporate Social Responsibility & Sustainable Finance bei der EB, über den hohen Nachhaltigkeitsanspruch der Kirchenbank, Ethik bei der Geldanlage und erfolgreiche Kundenbindung in digitalen Zeiten.
BOERSE-N.de: Wofür steht die Evangelische Bank?
BERENIKE WIENER: Die Evangelische Bank eG (EB) ist als genossenschaftlich organisierter, moderner Finanzdienstleister die nachhaltige Spezialbank für Kunden aus Kirche, Gesundheits- und Sozialwirtschaft sowie für alle privaten Kunden mit christlicher Werteorientierung. Die EB bietet neben dem exzellenten Branchen-Know-how auch umfassende Finanzlösungen für den kirchlich-diakonischen und sozialen Bereich an. Mit einer Bilanzsumme von 7,9 Mrd. Euro ist sie aktuell die größte Kirchenbank und zählt zu den größten Genossenschaftsinstituten in Deutschland. Als Nachhaltigkeitsbank richtet die EB ihr unternehmerisches Handeln nach den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) sowie nach den anspruchsvollen EMASplus – Kriterien aus.
Für welche Art Kunden sind Sie die richtige Bank?
In erster Linie sind wir eine Spezialbank für institutionelle Kunden aus Kirche und Diakonie sowie aus der Gesundheits- und Sozialwirtschaft. Im Privatkundengeschäft setzt sich unser Kundenstamm aus Menschen zusammen, die sich mit unseren Werten identifizieren. Wer eine klar nachhaltig ausgerichtete, werteorientierte Bank mit Haltung sucht, ist bei uns genau richtig.
Welche Rolle spielt für Sie das Thema Nachhaltigkeit?
Die Evangelische Bank ist DIE Nachhaltigkeitsbank: Nachhaltigkeit verstehen wir ganzheitlich und als integralen Bestandteil all unserer Geschäftsaktivitäten. Für uns ist seit Jahren das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit – Ökologie, Soziales und Ökonomie – leitend. In der aktuellen öffentlichen Debatte stehen die ökologischen Aspekte der Nachhaltigkeit, d.h. Umwelt- und Klimaschutz im Vordergrund. Wir teilen die Auffassung, dass wir bei der ökologischen Transformation, der Reduktion von Kohlendioxid-Emissionen und dem Klimaschutz in den kommenden Jahren deutlich messbare Schritte nach vorn machen müssen. Hier gehen wir voran. Ob mit unserer innovativen, integrierten Klimastrategie, einer emissionsarmen Fahrzeugflotte, stetig sinkendem Ressourcenverbrauch, Ökostrom oder unserem energieeffizienten Neubau des Hauptstandorts in Kassel.
Ende Juni 2020 haben wir zusammen mit 15 weiteren Akteuren des deutschen Finanzsektors, die zusammen Aktiva von mehr als 5,5 Billionen Euro und über 46 Millionen Kundenverbindungen in Deutschland aufweisen, eine Selbstverpflichtung unterzeichnet, unsere Kredit- und Investmentportfolien im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens auszurichten. Ein deutliches Zeichen, auch in die Öffentlichkeit! Durch diese Verpflichtung, die mit den Kredit- und Investmentportfolios verbundenen Emissionen zu messen, zu managen sowie transparent darüber zu berichten, wollen wir innerhalb des Finanzsektors einen spürbaren Klimaschutzbeitrag leisten und eine nachhaltige und zukunftsfähige Weiterentwicklung der Wirtschaft unterstützen. Wir richten als Unterzeichner der Initiative unsere Produkte und Dienstleistungen sowie unsere Engagements entsprechend aus, um durch die Finanzierung der Transformation hin zu einer emissionsarmen und klimaresilienten Wirtschaft und Gesellschaft die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen und das 1,5 Grad Ziel zu erreichen.
Ganz wichtig dabei: Aus unserer Sicht darf der soziale Aspekt der Nachhaltigkeit angesichts der Herausforderungen des Klimawandels nicht aus dem Blick geraten. Der Weg in eine klimagerechte Zukunft kann nur dann gelingen, wenn alle mitgenommen werden und die ökologische Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft sozialverträglich ausgestaltet wird. Die soziale Säule der Nachhaltigkeit stärken wir, indem wir als Kirchenbank engagiert unseren gesellschaftlichen Beitrag leisten, nachhaltig sozialen Impact bewirken, den Zusammenhalt stärken und das Miteinander leben.
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Wie definieren Sie ethische Geldanlage?
Neben den klassischen Zielen der Geldanlage wie Sicherheit, Liquidität und Rentabilität treten bei der Evangelischen Bank ökologische und ethisch-soziale Aspekte hinzu. Daher setzt die Bank einen eigenen Nachhaltigkeitsfilter im Eigenanlagegeschäft ein. Unser Filter gilt für unsere Eigenanlagen und für unsere eigenen Produkte. Der Filter ist unter Berücksichtigung des „Leitfadens für ethisch-nachhaltige Geldanlagen in der evangelischen Kirche” erarbeitet und gehört zu den strengsten Filtern am Markt. Neben der Fixierung strenger Ausschlusskriterien haben wir zusätzlich harte Ausschussklassen definiert.
Die Evangelische Bank arbeitet mit ISS ESG zusammen – einer der weltweit führenden ESG Research- und Ratingagenturen mit einer etablierten Ratingmethodik und hoher Anerkennung am Markt. ISS ESG analysiert die wichtigsten Aktien- und Anleiheemittenten weltweit hinsichtlich ihrer Umwelt-, Sozial- und Governance-Leistungen und hilft mit seinen Produkten und Dienstleistungen, nachhaltigkeitsrelevante Investitionschancen und -risiken zu identifizieren. Im zweiten Schritt kommen die strengen Ausschlusskriterien für Unternehmen und Länder zur Anwendung. Sie betreffen Themen wie Embryonenforschung, Pornografie, Rüstung, Tabak, Glücksspiel, Menschenrechte, Kinderarbeit, Klimaschutz, Korruption und Todesstrafe. Die Evangelische Bank und ihre Tochtergesellschaften führen darüber hinaus keine Spekulation mit Agrarrohstoffen, also Nahrungsmitteln, durch. In einem dritten Schritt schließen wir Anlagen aus, deren Engagement nach ISS ESG-Standards wenig Anhaltspunkte für Nachhaltigkeit bieten. So akzeptieren wir nur noch solche Assets, die von ISS ESG besser als „D” bewertet werden. Im letzten Schritt kommen die Positiv-Kriterien des Best-in-Class-Ansatzes für die Titelauswahl zum Einsatz.
Die Überprüfung der Einhaltung der von uns gesetzten Nachhaltigkeitsrestriktionen erfolgt mindestens halbjährlich durch externe und interne Analysen. Zusätzlich findet einmal jährlich eine Prüfung durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft statt. Die Ausschlusskriterien und Ausschussklassen sowie die Ziele werden durch den Arbeitskreis Nachhaltigkeitsfilter zusätzlich halbjährlich überprüft.
Was hat Ihre Bank aus der Finanzkrise 2008 für Schlüsse gezogen? Die Finanzkrise von 2008 war für uns eine weniger starke Zäsur als für viele andere Institute. Hintergrund ist, dass wir angesichts unserer Wurzeln als genossenschaftlich organisierte Kirchenbank und als Pionier im nachhaltigen Banking immer schon den Leitwerten unserer Gründer und Mitglieder verpflichtet waren. Profitgier war nie unser Treiber. Ausgesprochen spekulative oder hochriskante Finanzinstrumente gehören nicht zu unserem Repertoire, damals nicht und heute nicht. Im Kern geht es uns um Geld mit Sinn, um ökologische und soziale Rentabilität. Aber natürlich müssen auch wir auskömmlich wirtschaften. Doch was die Krisen angeht: Die Coronakrise könnte wirtschaftlich betrachtet größere Folgen für private und institutionelle Anleger haben als die Bankenkrise 2008.
In welcher Form werden Sie sich auf die neue Situation im Hinblick auf die Liquidität Ihrer Kunden und die Zinspolitik der Zentralbanken einstellen?
Das ehrgeizige Ziel, nachhaltig die führende Bank für Kirche und Diakonie zu sein, verfolgen wir konsequent. Das bedeutet, dass wir weiterhin die Spezialisierung und den Ausbau individueller Lösungen für unsere Kunden, insbesondere im Finanzierungsbereich, vorantreiben werden.
Als eine kapital- und ertragsstarke Bank mit ausgewogenem Chancen- / Risikoprofil sowie einem stabilen Wachstum unterstreichen wir die Prämisse unseres nachhaltigen Geschäftsmodells. Auch zukünftig gilt, sich im laufenden Prozess auf veränderte Rahmenbedingungen einzustellen und situationsgerecht und agil die notwendigen Anpassungen vorzunehmen.
Welchen Stellenwert hat für Sie digitales Banking und wie sieht die moderne Form der Bankgeschäfte bei Ihnen aus?
Die Digitalisierung schreitet weiter voran und bringt eine weitreichende und langfristige gesellschaftliche Transformation mit sich. Diese Entwicklung ist wohl unumkehrbar. Doch jeder muss sich die Frage stellen, wie er damit umgehen will. Uns als Evangelische Bank ist es wichtig, Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammenzudenken und mitzugestalten. Digitalisierung soll den Menschen dienen, sie ist kein Selbstzweck.
Zusammen mit unseren Tochtergesellschaften haben wir uns in der Evangelischen Bank bereits vor einigen Jahren auf den Weg gemacht, unsere Kundeninteraktionen, Produkte, Prozesse und Daten mit Hilfe der digitalen Technologien zu optimieren. Wir machen uns zum Beispiel mobile und digitale Technologien zu Nutze, um den physischen Kundenservice vor Ort durch einen besseren digitalen Kundenservice zu ersetzen. Ob per Telefon oder per Mail – wir sind für die Kundenwünsche so jederzeit erreichbar. Darüber hinaus spielt natürlich Online-Banking eine große Rolle. Hierunter ist heute wesentlich mehr zu verstehen als digitale Überweisungen. Wir arbeiten mit Hochdruck an der permanenten Weiterentwicklung unserer digitalen Services. So können unsere Kunden beispielweise mittels des digitalen Anlageassistenten „MeinInvest Nachhaltig“ ihr Vermögen eigenständig, verantwortungsvoll, sinnstiftend und fair anlegen. Mit diesem Tool haben wir unsere Online-Produktpalette um ein exklusives Angebot für alle digital affinen Privatkunden erweitert, die Wert auf eine nachhaltige Ausrichtung ihrer Geldanlage legen.
Zudem haben wir z. B. in der Abteilung Liquiditätsmanagement ein Team „Digitale Kundenprodukte“ gegründet, das sich ausschließlich mit der Entwicklung innovativer digitaler Lösungen für die gewandelten Anforderungen unsere institutionellen Kunden befasst. Aktuell prüft das Team das Angebot einer digitalen Wohngruppenkasse für diakonische Einrichtungen.
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