ESG-Aspekte werden auch für Investoren und Banken immer wichtiger

ESG-Kriterien spielen auch für die BayernInvest als Kapitalverwaltungsgesellschaft eine große Rolle. Im Interview mit BOERSE-N, Alexander Mertz, Sprecher der Geschäftsführung der BayernInvest.

BOERSE-N.de: Stellen Sie uns doch bitte kurz die BayernInvest vor.

ALEXANDER MERTZ: Als Asset Manager mit Fokus auf nachhaltige Investmentstrategien optimieren wir für institutionelle und private Investoren zugleich die finanzielle und gesellschaftliche Rendite. Unseren Kunden bieten wir maßgeschneiderte und innovative Anlage- und Risikomanagement-Konzepte, eine professionelle Fondsverwaltung sowie ein detailliertes und aussagekräftiges ESG-Reporting. Mit einem verwalteten Volumen von rund 90 Milliarden Euro und als hundertprozentige Tochter der BayernLB sind wir regional verwurzelt mit dem Blick auf das internationale Marktgeschehen und die Welt von morgen. Das macht uns zum idealen Partner und vorausschauenden Begleiter für nachhaltige Investments.

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Nachhaltige Aktienfonds sollen laut einer Scope Analyse besser durch die Corona-Krise kommen. Was glauben Sie, warum das so ist?

Durch die Corona-Pandemie bekommen ESG-Strategien eine neue Qualität. Zum einen hat uns die Krise deutlich gemacht, wie schwer neben den Umweltanforderungen auch die sozialen und Governancethemen bei der Analyse und Risikomessung auf Unternehmensebene wiegen. Kurz: Es geht um verantwortungsbewusste Unternehmensführung. Covid-19 hat Unternehmen und Analysten deutlich vor Augen geführt, was soziale Aspekte, beispielsweise in Bezug auf Arbeitssicherheit, für ein Geschäftsmodell bedeuten. Unternehmen mit guter Governance erweisen sich als krisenfester. Der Erfolg von ESG-Investments liegt – je nach gewähltem Nachhaltigkeitsansatz – aber auch an der Gewichtung von Branchen. Sind klimafreundliche Branchen übergewichtet oder klimaschädliche untergewichtet? Sind bestimmte Sektoren komplett ausgeschlossen? Denken wir beispielsweise an Technologieunternehmen und den gesamte Digitalisierungssektor, die zu den Gewinnern der Corona-Pandemie gehören. Um zu verstehen, welche Faktoren die Wertentwicklung eines nachhaltigen Aktienfonds bestimmen, müssen wir die Nachhaltigkeitsansätze differenzieren. Wichtig ist mir auch, dass nachhaltiges Anlegen kein reines Aktienthema bleibt. Ein Großteil der institutionellen Gelder in Deutschland liegt in Anleihen. Deshalb müssen wir gangbare Wege für die Integration von Nachhaltigkeitskriterien auch im Rentenmanagement und in gemischten Fonds finden.

Die BayernInvest zählt zu den ersten deutschen Asset Managern, die im Jahr 2011 die UN PRI, also die United Nations Principles for Responsible Investment, unterzeichneten.

Alexander Mertz, Sprecher der Geschäftsführung der BayernInvest

Wie ist die BayernInvest zum Thema Nachhaltigkeit gekommen?

Die BayernInvest zählt zu den ersten deutschen Asset Managern, die im Jahr 2011 die UN PRI, also die United Nations Principles for Responsible Investment, unterzeichneten. Wir beschäftigen uns schon seit vielen Jahren mit nachhaltigen Investmentstrategien. Aber auch unsere Kunden entdecken das Thema nicht erst heute. Allein 2019 flossen 70 Prozent unserer Neukundengelder in nachhaltige Strategien. Neben dem Management der finanziellen Risiken stehen für uns ebenso Transparenz und Zukunftsfähigkeit im Vordergrund: Unser innovatives und umfassendes Nachhaltigkeitsreporting ergänzt das klassische finanzielle Reporting und zeigt transparent auf, wie sich Portfolien auf umweltbezogene, soziale und die Unternehmensführung betreffende Kriterien auswirken. Ein unverzichtbares Instrument für zukunftsorientierte Investoren. Die BayernInvest stellt dieses Leistungspaket Kunden als einer der ersten deutschen Asset Manager ohne zusätzliche Kosten zur Verfügung.

Welche nachhaltigen Lösungen bzw. Themen halten Sie bereit?

Bei der BayernInvest ist die Analyse von ESG-Aspekten integraler Bestandteil jedes Investmentprozesses im Portfoliomanagement. Erklärtes Ziel ist für uns, spätestens bis zum Jahr 2025 alle in eigener Verantwortung gemanagten Portfolien in Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens zu bringen – in Abstimmung mit den jeweiligen Anlagestrategien unserer Kunden. Ergänzend stellt die BayernInvest auch als Unternehmen selbst bis zum Jahr 2022 die Weichen auf Klimaneutralität. Im Sommer 2019 haben wir mit der DKB eine neue Generation von Aktien-Nachhaltigkeitsfonds aufgesetzt. Im Fokus stehen Unternehmen, die den Klimaschutz stärken, als ESG-Vorreiter überzeugen oder die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen umsetzen. Und dies ist nur der Anfang. Heute richten wir bestehende Publikumsfondsstrategien sukzessive noch nachhaltiger aus. Nachhaltigkeit verstehen wir als Prozess, es gibt keinen Schalter, der einfach umgelegt wird.

Die BayernInvest unterstützt die Green Recovery Alliance. Was genau macht die Allianz und was ist Ihre Aufgabe dabei?

Die Green Recovery Alliance ruft dazu auf, die Maßnahmen zur Wiederbelebung der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie zu nutzen, um den Umbau der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität zu beschleunigen und den Verlust der Biodiversität zu stoppen. Unterstützt wird die Initiative des Europäischen Parlaments von über 200 Europaabgeordneten, Vertretern von Wirtschaftsverbänden und Nichtregierungsorganisationen sowie Unternehmen der Real­- und Finanzwirtschaft. Wir sind davon überzeugt, dass der Neustart der Wirtschaft die einmalige Möglichkeit bietet, Milliarden in klimafreundliche Unternehmen und Infrastrukturen zu investieren, um so die Zukunft für die nächsten Generationen zu sichern und für mehr Resilienz der Wirtschaft und Finanzmärkte zu sorgen. Die Entwicklungen der vergangenen Monate an den Kapitalmärkten haben einmal mehr gezeigt, dass Unternehmen mit einem zukunftsfähigen Geschäftsmodell eindeutig resilienter gegenüber Krisen sind. Ein grüner Wiederaufbau ist daher nicht nur ein Beitrag zur Erreichung der in Paris vereinbarten Klimaziele, sondern auch eine Investition in den Schutz vor vergleichbaren zukünftigen Krisen. Aus diesen Gründen haben wir uns mit unserer Unterschrift der Green Recovery Alliance angeschlossen.

Ratingagenturen, die sich auf nachhaltige Themen und Unternehmen spezialisiert haben, expandieren. Wie stehen Sie diesem Thema gegenüber? Sind diese Ratingagenturen am Ende des Tages die kritischeren und besseren Prüfer?

Ratingagenturen machen einen fabelhaften Job. Sie reflektieren Unternehmen und zeigen auf, wo sie mit ihrer Nachhaltigkeitsstrategie stehen. Die Agenturen bieten der Investorenseite zudem Transparenz und Vergleichbarkeit. Inwiefern fehlende Standards bei der Bemessung und Bewertung die Markteinschätzungen pluralistischer machen, bleibt dahingestellt. Wichtig ist, dass Anlageentscheidungen nicht ausschließlich auf der Basis von ESG-Werten eines einzelnen Anbieters getroffen werden sollten. Dem Portfoliomanagement muss weiterhin ein aktiver Entscheidungspart zukommen. Denn eins ist klar: Ein hohes Maß an Transparenz und Offenlegung reflektiert nicht automatisch ein Mehr an Nachhaltigkeit. Wenn es um die Transparenz von Daten und Kosten geht, dann muss die Unabhängigkeit der Rohdaten, also der Kennzahlen, die die Unternehmen an die Ratingagenturen zurückmelden, gewährleistet werden. Zahlreiche, gerade kleinere und mittlere Unternehmen scheuen ein Nachhaltigkeits-Assessment, weil die Kosten für ein solches Rating nicht unerheblich sind. Der BVI Bundesverband Investment und Asset Management setzt sich übrigens gemeinsam mit dem Sustainable Finance-Beirat der Bundesregierung für die Schaffung einer Rohdatenbank ein. Analog zum Deutschen Bundesanzeiger sollten Informationen idealerweise auf europäischer Ebene zentral, digital und kostenfrei abrufbar sein. 

Einige ESG-Investoren wollen Einfluss auf das Management von Unternehmen im Portfolio nehmen. Wie kritisch sehen Sie das?

Voting und Engagement sind ein geeigneter und machtvoller Hebel für mehr Nachhaltigkeit. Allerdings nur dann, wenn  ESG-Investoren ihre eigene Nachhaltigkeitspolitik formuliert haben und umsetzen, entsprechend große Anlagevolumina vorhanden sind und eine große mediale Aufmerksamkeit damit einhergeht. Wir nutzen sehr aktiv unsere Mitgliedschaft in der Initiative „Principles for Responsible Investment“ der Vereinten Nationen. Dadurch können wir im Schulterschluss mit anderen Investoren und Investorengruppen zu nachhaltigen Themen Stellung beziehen. Die UN-Prinzipien stellen ein sehr wirksames Mittel dar, weil sie weltweit Beachtung finden und alle drei Bereiche nachhaltigen Investierens abdecken. Aber für einen Manager, der tatsächlich wirkungsorientiert agiert, reicht das nicht aus. Deshalb haben wir uns hier weitere Ziele gesetzt und werden noch in diesem Jahr den Bereich Stewardship, also Engagement und Voting, konsequent weiter ausbauen.

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