Nachhaltige ETFs – Was Sie hierüber wissen sollten

Was sind eigentliche nachhaltige ETF-Fonds?

Nachhaltige ETFs ( Exchange Traded Funds – kurz ETFs) sind börsengehandelte Indexfonds, bei denen, im Gegensatz zu herkömmlichen Investmentfonds, der Ausgabeaufschlag beim Erwerb eines Fondsanteils für den Anleger entfällt.  Nachhaltige ETFs werden von der Deutschen Börse als sozial deklariert. Wie definiert eigentlich die Deutsche Börse das Thema Nachhaltigkeit für sich? In Deutschland gibt es über 1.000 handelbare ETFs, nur ein Bruchteil davon sind derzeit als nachhaltig ausgewiesen. Dennoch, die Anzahl der grünen ETFs nimmt zu. Das Geld wird meist in Aktien, Anleihen, Rohstoffen oder Immobilien angelegt. Einziger Unterschied zu konventionellen ETF-Fonds ist, dass in nachhaltige Unternehmen oder Immobilien investiert wird.

MSCI World SRI Index
Symbolbild: Pixabay

Weltweit in ETFs verwaltetes Vermögen

Das weltweit in ETFs verwaltete Vermögen steigt seit 2005 kontinuierlich stark. Im Jahr 2019 lag das weltweit verwaltete ETF-Vermögen bei rund 6.181 Milliarden US-Dollar. Die Anzahl der weltweit verwalteten ETFs steigt ebenfalls seit 2005, auf mittlerweile 6.970 in 2019. Quelle: Thomson Reuters; Lipper; Bloomberg; ETFGI

Das verwaltete Vermögen der ETFs in Deutschland

Auch das verwaltete Vermögen der ETFs in Deutschland steigt seit 2005 an, jedoch nicht ohne kleinere Rückgänge in vereinzelten Jahren. 2017 lag das Vermögen beispielsweise noch bei 134.285 Mio. Euro, 2018 dann nur noch bei 125.046 Mio. Euro. Quelle: BVI

Nachhaltige Banken und ihr Standpunkt zum Thema ETF

Hierzu haben wir uns mit der Triodos und der GLS Bank unterhalten. Beide Banken haben uns auch Rede und Antwort im BOERSE-N-Podcast zum Thema nachhaltige ETFs gestanden.

Lukas Adamski GLS Bank

Interview mit der GLS Bank

BOERSE-N.de: Bietet die GLS Bank nachhaltige ETF an?

LUKAS ADAMSKI: Die GLS Bank bietet verschiedene aktiv gemanagte Fonds an. Neben zwei Aktienfonds finden Sie auch einen Mischfonds mit dem Schwerpunk des Klimaschutzes und ein Mikrofinanzfonds in unserer Produktpalette. ETFs bieten wir nicht an.

ETFs stehen immer wieder in der Kritik nicht nachhaltig zu sein. Was ist Ihre Meinung hierzu?

Für die GLS Bank stehen die sozial-ökologischen Kriterien im Vordergrund: Wir prüfen zuerst, ob ein Unternehmen mit den strengen Positivkriterien unserer Anlage- und Finanzierungsgrundsätze übereinstimmt und gleichzeitig gegen keines unserer Ausschlusskriterien (z.B. Geschäftsfelder wie Rüstungsindustrie, Kohlenergie oder Massentierhaltung) verstößt. Erst im zweiten Schritt betrachten wir die ökonomischen Indikatoren und investieren anhand dieser in bestimmte Unternehmen. Durch dieses Vorgehen können wir die hohen Ansprüche unserer Kunden erfüllen.

Betrachten wir ETFs, ist festzustellen, dass die Vorgehensweise genau anders herum ist: Zuerst wird ein Rahmen geschaffen, der Index. Dieser ist wiederum durch ökonomische Indikatoren, wie z.B. die Marktkapitalisierung der Unternehmen definiert. Erst im zweiten Schritt werden nachhaltige Kriterien angewendet, um den ETF als „nachhaltig“ zu deklarieren.

Das entspricht jedoch nicht unserem Nachhaltigkeitsvertändnis. So ist uns derzeit kein ETF bekannt, der im Einklang mit den GLS Anlage- und Finanzierungsgrundsätzen steht.

Was sind die großen Nachteile von ETFs im Kontext nachhaltige Geldanlage?

Beispielhaft zwei Kritikpunkte:

  1. Best-in-Class anstatt Best of Classes

Viele ETFs wenden den ESG Best-In-Class Ansatz an. Hier wird in die Unternehmen mit den besten ESG Ratings (Environmental, Social and Governance) einer jeden Branche investiert. Kritische Branchen, wie z.B. die fossile Energiegewinnung oder die Luftfahrt mit ihren hohen CO2 Emissionen, werden jedoch nicht konsequent ausgeschlossen. Auch das „beste“ Unternehmen innerhalb der Kohleindustrie beinhaltet Klimazerstörung im Kerngeschäft. Konsequent wäre eine Auswahl der nachhaltigsten Unternehmen branchenübergreifend.

  • An Umsatzgrenzen geknüpfte Ausschlusskriterien

Kritisch sehen wir auch, wenn der Nachhaltigkeitsaspekt eines Index über so genannte Umsatzgrenzen für bestimmte Ausschlusskriterien definiert ist. Wenn beispielsweise eine Umsatzgrenze für das Geschäftsfeld Rüstungsindustrie von 5 % festgelegt wird, kann ein milliardenschwerer Konzern Umsätze aus Waffenexporten von mehreren Millionen Euro erwirtschaften. Gleichzeitig gilt er nach dieser Definition als nachhaltig und würde in den ETF aufgenommen werden.

Der Nachteil für den nachhaltigen Privatinvestor ist also vor allem, dass die beschriebenen Schwächen für den Endverbraucher meist nicht direkt erkennbar sind. Nur weil SRI, ESG oder Low Carbon im Namen des ETF steht, bedeutet das nicht, dass sich das ETF-Portfolio mit dem Nachhaltigkeitsverständnis des Anlegers deckt.

Wie relevant sind ETFs für Ihre Kunden/Kundinnen und was sind die typischen Wissensfragen?

Die GLS Bank bietet mit seinen Anlage- und Finanzierungsgrundsätzen einen sehr strengen Nachhaltigkeitsansatz. Unser hausinternes Nachhaltigkeitsresearch prüft jedes einzelne Unternehmen, in das unsere Fonds investieren. Diese Qualität ist unseren Kunden wichtig. Viele von ihnen entscheiden sich gerade deshalb bewusst für ein aktiv gemanagtes Produkt der GLS Bank anstatt für einen ETF.

Wissensfragen:

  • Welche explizite Nachhaltigkeitsstrategie wird angewendet?
  • Welche Unternehmen sind die Top 10 Holdings des ETF? Hieran lässt sich meist schnell erkennen, wie streng die Nachhaltigkeitskriterien sind

Interview mit der Triodos Bank und Florian Koss

Herr Koss, bietet die Triodos Bank nachhaltige ETF an?

FLORIAN KOSS: Die Triodos Bank bietet aktiv gemanagte Impact-Fonds an, aber keine ETFs. In Deutschland bieten wir als erste Bank überhaupt unseren Kunden*innen ein klimaneutrales Depot an. Das wäre mit ETFs nur schwer zu realisieren.

ETFs stehen immer wieder in der Kritik nicht nachhaltig zu sein. Was ist Ihre Meinung hierzu?

Wir teilen diese Kritik. ETFs sind in der Regel wenig nachhaltig. Sie werden meist erstellt, indem aus Tausenden Aktien die nachhaltigsten 25 % oder 50 % einer Branche herausgefiltert werden. Dieser Ansatz ist als „Best-in-Class“-Verfahren bekannt. Das hat zufolge, dass zum Beispiel Aktien von Öl- und Kohlekonzernen in einem nachhaltigen ETF landen können, weil sie „nachhaltiger“ sind, als ihre Wettbewerber aus der Branche. Sie sind sozusagen die am wenigsten schädlichen Unternehmen ihres Sektors. Ein Beispiel: Im Portfolio des sehr beliebten iShares Dow Jones Global Sustainability Screend ETF des Fondsriesen BlackRock befinden sich die Ölgiganten Total und Royal Dutch Shell.

Was sind die großen Nachteile von ETFs im Kontext nachhaltige Geldanlage?

Wer die Welt über nachhaltige Geldanlage positiv verändern will, der muss die Unternehmen identifizieren, die wirklich drängende Probleme lösen und zur ökologisch-sozialen Transformation der Wirtschaft beitragen. Das ist ein aufwendiger Prozess, der viel Know-how im Fondsmanagement braucht. Eine Schmalspur-Analyse und ein Aussieben der „schlechtesten“ Unternehmen einer Branche reicht nicht aus – das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt ist: Bei vielen ETFs fehlt eine aktive Engagement-Strategie. Als nachhaltiger Investor ist es wichtig den Einfluss als Aktionär auf die Unternehmen auch tatsächlich wahrzunehmen. Unsere Investment-Tochter, Triodos Investment Management (Triodos IM), deren Fonds wir in Deutschland unter anderem anbieten, nimmt ganz gezielt Einfluss auf die Unternehmen, in die sie investiert. Triodos IM nimmt Stimmrechte wahr, stellt Forderungen und tritt aktiv in den Dialog mit Unternehmen, um sie auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu begleiten.

Hinzu kommt noch ein finanzieller Aspekt. Während ETFs stumpf passiv einen Index abbilden, können Manager von aktiven Fonds auf Marktentwicklungen reagieren. So haben ETFs z.B. in der Zeit der Corona-Krise schlechter performt als viele Fonds, weil dort zu Beginn der Krise der Cash-Anteil erhöht und dann zu Beginn der Erholung wieder verstärkt investiert wurde.

Wie relevant sind ETFs für Ihre Kunden/Kundinnen und was sind die typischen Wissensfragen?

Wir werden immer mal wieder von Kunden*innen gefragt, ob wir auch ETFs anbieten. Dann erklären wir ihnen, warum wir keine ETFs im Angebot haben. Wirklich oft kommt das allerdings nicht vor. Viele Interessenten*innen, die ein Depot bei uns eröffnen möchten, wissen genau was sie wollen: richtige Impact-Fonds. Bei Ihnen scheiden ETFs von vornherein aus.

Wir werden dagegen häufiger nach einzelnen Unternehmen in den Portfolien der Fonds gefragt. Unternehmen, die auf den ersten Blick nicht sonderlich nachhaltig wirken. Die aber auf den zweiten Blick – wenn wir unsere Auswahl- und Impact-Kriterien erläutert haben – wegweisende nachhaltige Transformatoren sind.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wir messen die Wirkung der Fonds und vergleichen sie z.B. mit Indices wie dem MSCI oder dem MSCI ESG. Wenn man sieht, dass selbst der ESG-Index gerade mal neutral auf die Nachhaltigkeitsziele der UN (SDG) einzahlt, die Unternehmen des normalen Index sogar gegen die Erreichung der SDGs arbeitet, wird deutlich, dass ein ETF auf einen normalen Index keine positive Wirkung für die Welt haben kann.

Fazit: Halten die nachhaltigen ETFs wirklich was sie versprechen, nämlich sozial und ökologisch korrekt zu sein?

Die Beantwortung dieser Frage, ob ETFs nachhaltig sind, möchten wir mit den O-Tönen unserer beiden Gesprächspartner von der GLS und Triodos Bank beantworten:

Florian Koss

„ETFs sind in der Regel wenig nachhaltig. Sie werden meist erstellt, indem aus Tausenden Aktien die nachhaltigsten 25 % oder 50 % einer Branche herausgefiltert werden. Dieser Ansatz ist als „Best-in-Class“-Verfahren bekannt.“

— Florian Koss, Triodos Bank

… „Zuerst wird ein Rahmen geschaffen, der Index. Dieser ist wiederum durch ökonomische Indikatoren, wie z.B. die Marktkapitalisierung der Unternehmen definiert. Erst im zweiten Schritt werden nachhaltige Kriterien angewendet, um den ETF als „nachhaltig“ zu deklarieren.

Das entspricht jedoch nicht unserem Nachhaltigkeitsvertändnis. So ist uns derzeit kein ETF bekannt, der im Einklang mit den GLS Anlage- und Finanzierungsgrundsätzen steht.“

Lukas Adamski, GLS Bank

Der BOERSE-N-Podcast mit der DKB Bank zum Thema nachhaltige Geldanlage


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