Nachhaltige ETFs sind gefragt. Umweltfonds eine wirklich gute Alternative.

Ein Interview mit Daniel Singer, Vermögensberater bei der Umweltbank AG. Wir wollten von Daniel Singer unter anderem wissen, wie die Umweltbank das Thema nachhaltige Geldanlage insgesamt definiert und wie nachhaltig ETFs überhaupt sein können. Umweltfonds sind laut Singer eine wirklich gute grüne Alternative.

Daniel Singer Umweltbank AG

BOERSE-N.de: Wie definiert die UmweltBank das Thema nachhaltige Geldanlage?

DANIEL SINGER: Ob eine Geldanlage nachhaltig ist, definieren wir anhand klarer Positiv- und Ausschlusskriterien. Dabei schließen wir zunächst sämtliche Aktivitäten aus, die aus unserer Sicht schädlich für Mensch und Umwelt sind. Für uns ist das jegliche Form von Verhalten, das zur Verschlechterung der Lebensqualität von Menschen oder dem Erhalt der Natur schadet. Dazu gehören beispielsweise Investitionen in Fossil- und Kernenergie, militärische Güter oder auch die Verletzung von Menschenrechten. 

Werden lediglich keine Ausschlusskriterien verletzt, sind Geldanlagen aber für uns noch lange nicht nachhaltig. Vielmehr müssen diese auch einen positiven Beitrag zu einer lebenswerten Welt leisten. Bei der UmweltBank messen wir diesen Beitrag, indem wir prüfen, ob Anlageprodukte sich positiv auf eines oder mehrere der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) auswirken. Somit stellen wir sicher, dass eine Geldanlage keinen ökologischen oder sozialen „Schaden“ anrichtet und zudem einen positiven Impact für eine lebenswerte Welt liefert. 

Das Thema Green Washing wird aktuell wieder präsenter, da viele Finanz-Anbieter beispielsweise die ESG-Kriterien bei Ihren Portfolios nur mangelhaft erfüllen, ihre Produkte aber dennoch grün labeln. Wie sehen Sie diese Problematik und was machen Sie für Ihre Transparenz im Bereich nachhaltige Geldanlage?

Green Washing macht es für Anleger_innen in der Tat schwierig eine wirklich nachhaltige Geldanlage zu finden. Das Problem liegt an der Definition von „grün“ oder „nachhaltig“ – denn bisher gibt es hier keinen gesellschaftlichen Konsens. Auf politischer Ebene kommt nun jedoch Bewegung ins Spiel. Die EU hat mit der seit 10. März 2021 gültigen „Offenlegungsverordnung“ festgelegt, dass bestimmte Finanzmarktteilnehmer schriftlich darlegen müssen, wie nachhaltig sie selbst und ihre Produkte sind. Durch die Offenlegungsverordnung müssen z.B. alle Fondsgesellschaften nun transparent erläutern, wie sie mit dem Thema Nachhaltigkeit umgehen. Je nach Nachhaltigkeit qualifizieren sie sich dann als Artikel 6-, Artikel 8- oder Artikel 9-Fonds. Dabei gelten nur Artikel 9 Fonds als dunkelgrün, da sie ein konkretes nachhaltiges Anlageziel verfolgen. Anlegerinnen und Anleger sollen dadurch sehr schnell erkennen, ob ein Produkt lediglich Greenwashing betreibt oder tatsächlich hält, was es verspricht. Das Ganze steckt zwar noch in den Kinderschuhen und es sind noch einige Detailfragen zu klären, letztendlich wird damit aber versucht, das Thema Nachhaltigkeit gesetzlich zu definieren. Ob damit dann Greenwashing komplett vom Tisch ist, bleibt jedoch abzuwarten. 

Ein gutes Beispiel für einen Artikel 9 Fonds ist unser erster eigener Mischfonds, UmweltSpektrum Mix. Dieser investiert aufgrund eines mehrstufigen Auswahlverfahrens nur in Vermögenswerte, die einen Beitrag zu einer lebenswerten Welt leisten. Über eine externe Ratingagentur werden im ersten Schritt nur Emittenten ausgewählt, die nicht gegen die von der UmweltBank definierten Ausschlusskriterien verstoßen. In einem zweiten Schritt wird mit Hilfe der Ratingagentur überprüft, ob jeder der verbliebenen Emittenten einen positiven Beitrag zu den 17 SDGs leistet. Über die endgültige Aufnahme in das Anlageuniversum entscheiden aber die Expert_innen der UmweltBank. Die ausgewählten Titel unterliegen dabei einem regelmäßigen Screening. Bei Kontroversen oder bei Verstößen gegen unsere Ausschlusskriterien werden Emittenten konsequent aus dem Anlageuniversum entfernt und Investments gegebenenfalls verkauft. Bei dem gesamten Prozess wird die UmweltBank zudem durch den unabhängigen Umweltrat begleitet. Letztendlich entscheidet dann das Fondsmanagement anhand von ökonomischen Kriterien welche Emittenten in das Fondsportfolio aufgenommen werden. Eine Liste mit den im Fonds enthaltenen Unternehmen veröffentlichen wir monatlich auf unserer Internetseite.

Socially Responsible Investments (SRI) werden immer beliebter. Wie sieht das konkret aus, was fordern Ihre Kund*innen ein?

Der Begriff Socially Responsible Investment (SRI) wird von den einzelnen Anbietern unterschiedlich verwendet bzw. unterschiedlich eng ausgelegt. Oftmals werden ausschließlich auf Basis sog. Negativkriterien lediglich bestimmte Branchen oder Unternehmen ausgeschlossen (z.B. Rüstung, Kinderarbeit). Unseren Kund_innen und auch uns als UmweltBank geht dieser Ansatz nicht weit genug. Wir als UmweltBank haben uns auf die Fahne geschrieben nur Produkte anzubieten, die messbar zu einer lebenswerten Welt für kommende Generationen beitragen. Mit unseren umfangreichen Positiv- und Ausschlusskriterien verhindern wir bei unseren Produkten nicht nur negative Auswirkungen auf Menschen und Natur, sondern fördern aktiv eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung. Dies liegt ganz im Interesse unserer Kund_innen.

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Wie nachhaltig können ETFs Ihrer Meinung nach bis dato sein?

Welche Unternehmen in einem vermeintlich nachhaltigen ETF landen, ist stets abhängig von den selbstentwickelten Anlagekriterien des Emittenten. Trotzdem werden grüne ETFs von der Finanzpresse gerne hervorgehoben. Schließlich soll hiermit das Beste aus zwei Welten vereint werden: Niedrige Gebühren und hohe Standards in puncto Nachhaltigkeit. Bei genauerem Hinsehen, tritt jedoch schnell Ernüchterung ein. Neben Atomkraftproduzenten tummelt sich sogar die Mineralölindustrie in so manchem nachhaltigen ETF. 

Das Problem an vermeintlich nachhaltigen ETFs liegt oft im sog. Best-in-Class-Prinzip begründet. Der Anbieter wählt einen bestehenden Index aus, beispielsweise den deutschen Aktienindex DAX. Aus diesem fließen die – sagen wir – nachhaltigsten 25 Prozent der Unternehmen in den neuen nachhaltigen Index. Dieses Prinzip wird Best-in-Class (Auswahl der Besten) genannt. Dadurch gelangen Unternehmen aus den unterschiedlichsten Gründen in den ETF. Beispielsweise weil sie innerhalb des Index vergleichsweise wenig CO2 ausstoßen oder die wenigsten Konflikte mit den Menschenrechten aufweisen. Es handelt sich dabei also um die nachhaltigsten Unternehmen, die im Index verfügbar sind. Das heißt aber noch lange nicht, dass diese Auswahl unserem hohen Nachhaltigkeitsanspruch entspricht. 

Darüber hinaus arbeiten manche „grüne“ ETFs mit Ausschlusskriterien. Diese sollen sicherstellen, dass das Geld der Anlegenden nicht in kontroversen Bereichen, wie z.B. der Rüstungsindustrie, investiert wird. Für die eigentlich ausgeschlossenen Branchen gelten allerdings oftmals Toleranzgrenzen von bis zu 30%. Wenn der kritisch zu wertende Umsatz also unterhalb dieser Schwelle bleibt, kommt ein Unternehmen trotzdem in den vermeintlich nachhaltigen ETF. ETFs können daher aus unserer Sicht – zumindest bislang – keine wirklich nachhaltige Geldanlage bieten. Die zugrunde liegenden Indizes entsprechen nicht ansatzweise den streng ökologischen und auch sozialen Kriterien der UmweltBank. Für Anleger_innen ist das aber derzeit auch noch schwer zu durchschauen. Daher empfehlen wir immer vor einem Engagement „erst informieren, dann investieren“.

Welche nachhaltigen ETFs können Sie empfehlen?

Um beim Thema Nachhaltigkeit auf Nummer sicher zu gehen, bieten sich aus unserer Sicht derzeit ausschließlich aktiv gemanagte Fonds an. 

Inwiefern sind Umweltfonds eine Alternative zu grünen ETFs?

Umweltfonds sind eine sehr gute Alternative. Hier garantiert aktives Fondsmanagement echte Nachhaltigkeit. Sie erfüllen strenge ökologische, soziale sowie ethische Vorgaben und bieten eine sehr hohe Flexibilität und Diversifizierung. Der wichtige Unterschied: Bei Umweltfonds wählt ein Fondsmanager die Unternehmen gezielt und bewusst aus. Der Fondsmanager kann auch direkt auf Unternehmen zugehen und Einfluss ausüben, falls es zu einem kontroversen Verhalten kommt. Notfalls werden Unternehmen auch aus dem Fondsportfolio verkauft, wenn die Nachhaltigkeitsleistung nicht mehr erbracht wird. In einem aktiv gemanagten Fonds können zudem auch jederzeit neue Unternehmen in das Portfolio aufgenommen werden. 

All das ist bei einem starren ETF-Produkt nicht möglich, da dieses sich ja immer an einem fest definierten Index orientiert. Hier fehlt es unseres Erachtens klar an Flexibilität. Vor allem ist es ja gerade so, dass viele junge Unternehmen sich dem Thema Nachhaltigkeit annehmen und interessante Lösungen für eine nachhaltigere Welt liefern. Diese können jederzeit in einen aktiven Fonds aufgenommen werden, jedoch nicht in einen ETF. Darum sind aktiv gemanagte, wirklich grüne Fonds teurer. Denn diese setzen sich auch laufend mit den im Portfolio vertretenen Unternehmen auseinander, indem sie z.B. die Nachhaltigkeit regelmäßig überprüfen und aktiv gegen kontroverses Verhalten oder Nachhaltigkeitsverstöße vorgehen. 

Wie streng sind nachhaltige Indizes und worauf sollten die Anleger*innen achten?

Wie bereits dargestellt, hinken ETFs den aktiv gemanagten Fonds in puncto Nachhaltigkeit deutlich hinterher. Entscheiden sich Anleger_innen dennoch für ETFs sollten sie sich die Kriterien, anhand derer die Auswahl der im Index enthaltenen Unternehmen erfolgt, genau ansehen. Sind Anbieter hier intransparent und findet man keine konkreten Angaben hierzu, so sollte man Vorsicht walten lassen. Zusätzlich sollten Anleger_innen sich, z.B. über den Jahresbericht, einen Überblick über die investierten Unternehmen verschaffen.

In vielen Köpfen ist immer noch das Bild vorhanden, dass Nachhaltigkeit mehr kostet. Sind nachhaltige ETFs langfristig rentabler als konventionelle?

Eine pauschal gültige Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Die meisten nachhaltigen ETFs sind noch nicht lange genug am Markt, um eine langfristige Aussage zu treffen. Bei aktiv gemanagten Fonds hingegen ist die Lage anders. Das Finanzinformations- und Analyseunternehmen Morningstar hat im Jahr 2020 auf Basis der Wertentwicklung von 4.900 Fonds analysiert, wie nachhaltige Fonds im Vergleich zu ihren konventionellen Pendants abgeschnitten haben. Die Mehrheit der nachhaltigen Fonds weist hierbei über die betrachteten Zeiträume von 1, 3, 5 und 10 Jahren eine bessere Wertentwicklung auf. Dies deutet darauf hin, dass auch nachhaltige ETFs durchaus langfristig rentabler sein können als ihre konventionellen Pendants. Betrachtet man den global breit gestreuten nachhaltigen Index MSCI World SRI, der die Grundlage für einige ETFs bildet, so weist dieser im letzten Jahrzehnt eine bessere Wertentwicklung auf als sein klassisches Gegenstück, der MSCI World.

Auch interessant: Ein Gespräch ,mit dem Pressesprecher der Umweltbank Oliver Patzsch aus Juli 2020 – „Deutschlands grünstes Depot“ – Das ist das Versprechen der UmweltBank

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